Dienstag, 10. Januar 2012

Schätzungen im Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug

Die Überschrift mag dem Einen oder Anderen zu unscharf sein. Eine Straftat mit dem Namen "Sozialversicherungsbetrug" gibt es nämlich nicht. Es gibt den Tatbestand des Betruges und den des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt. Mit "Sozialversicherungsbetrug" spreche ich hiermit beides an.

Aktuell verteidige ich in einem Verfahren vor der 10. großen Strafkammer des Landgerichts Koblenz einen Angeklagten, dem Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug vorgeworfen wird. Die Beweise sind - um mit Derrick zu sprechen - erdrückend. Daher hat mein Mandant auf mein Anraten hin auch ein Geständnis abgelegt, was vor allen Dingen zur Folge hatte, dass er aus der U - Haft entlassen wurde.

Nun bedeutet Geständnis aber nicht, dass man nach dem "Alles oder Nichts - Prinzip" handelt. Deshalb hat der Mandant die ihm vorgeworfenen Taten nur dem Grunde nach gestanden, während ich als sein Verteidiger zur Höhe des Schadens Stellung genommen habe. U. a. wurde mit einem falschen Steuersatz gerechnet und auch Kirchensteuer angesetzt (im Rahmen der Berechnung von Sozialversicherungsbeiträgen), die aber bei den schwarz beschäftigten Arbeitnehmern gar nicht angefallen sein kann. Meine Ausführungen sind von der Staatsanwaltschaft nun akzeptiert worden, was zu einer Verminderung des der Strafzumessung zugrunde zu legenden Schadens geführt hat. Zugegeben, die Schadensreduzierung ist relativ gering. Aber jeder Euro zählt! Dabei muss man auch die Haftung für den Schaden im Auge behalten.

Fazit: Auch wenn Juristen nicht (nach-)rechnen können, müssen sie es trotzdem tun. Damit dienen sie ihrem Mandanten weitaus mehr, als mit großen Worten, die das Publikum begeistern, aber in der Sache nicht weiterhelfen.

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