Mittwoch, 8. August 2012

Daten-CDs und kein Ende - NRW bleibt hart

Völlig unbeeindruckt vom Ratifizierungsverfahren zum Deutsch-Schweizerischen Steuerabkommen hat NRW nun zwei weitere CDs mit Daten von Kunden der UBS und einer weiteren Bank in der Schweiz gekauft. Vorausgegangen sein soll der Kauf von zwei CDs im Juli, darunter eine mit Daten von Kunden der Bank Coutts.

Die CD betreffend die UBS soll auch Informationen zu Stiftungen enthalten, die deutsche Staatsbürger benutzt haben sollen. Zahlreiche solcher Stiftungen sind im Jahre 2005 zur Umgehung der EU-Zinssteuer, die auch von Schweizer Banken auf Anlagen von EU-Bürgern abzuführen ist, gegründet worden.

Der Handel mit Daten von deutschen Bankkunden mit Kontoverbindung in der Schweiz entwickelt sich zu einer neuen Industrie. Kein Kunde ist davor wirklich geschützt, mögen die Sicherheitsvorkehrungen der Banken auch noch so gut sein. Vor kriminellen Mitarbeitern ist nämlich niemand gefeit.

Es hilft aber alles nichts: Auch geklaute Daten sind verwertbar. Jedenfalls begründen sie nach Auffassung des BVerfG einen sog. Anfangsverdacht, der zur Aufnahme von Ermittlungen berechtigt.

Donnerstag, 2. August 2012

Selbstanzeige durch Unterlassen und Festsetzungsverjährung

Teile der Finanzverwaltung wollen Neuland betreten. Der Fall: Erben haben im Jahre 2008 neben einer unvollständigen Erbschaftsteuererklärung - das geerbte Konto in der Schweiz wurde nicht deklariert - auch eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen begangen, weil sie die Einkommensteuererklärungen der verstorbenen Mutter, die natürlich die Erträge aus der Geldanlage in der Schweiz nicht erklärt hatte, nicht für den noch nicht festsetzungsverjährten Zeitraum berichtigt haben, wonach sie ja nach § 153 AO verpflichtet sind.

Nun erstatten die Erben im Januar 2012 eine umfassende Selbstanzeige, in der sie - soweit Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten ist - auch die fraglichen Einkommensteuererklärungen der verstorbenen Mutter korrigieren. Nach den Regeln der §§ 169 ff. AO ist für Jahre bis 2000 einschließlich Festsetzungsverjährung eingetreten.

Allerdings meint die Finanzverwaltung nun, es sei bis 1997 zurückzugehen, weil die Jahre 1997 bis 2000 im Jahre 2008 - Jahr der Unterlassungstat - noch nicht festsetzungsverjährt gewesen seien. 

Wollen wir hoffen, dass die eingehende Erläuterung der §§ 169 ff. AO, die ich zu den Akten gereicht habe, zur Kenntnis genommen wird. Die Fesetzungsverjährung "klebt" am Steueranspruch und wird insebsondere durch einen Erbfall weder gehemmt noch neu in Gang gesetetzt.

Übrigens: Andere Damen und Herren der Finanzverwaltung NRW teilen mein Kopfschütteln über die Rechtsansicht ihrer Kollegen und wundern sich über deren mangelnde Rechtskenntnis.   

Samstag, 14. Juli 2012

NRW erwägt Kauf weiterer Steuer-CDs

Das berichtet u.a. das Magazin "Der Spiegel". Und eine mit Daten von deutschen Kunden der Privatbank Coutts soll schon erworben worden sein. Ich glaube, dass dieses Vorgehen aktuell vor allen Dingen einem Ziel dient: Das Abkommen mit der Schweiz zur Regularisierung von Schwarzgeld soll den Wünschen von SPD und Grünen entsprechend torpediert werden.

Update: Die Schweiz pocht ausweislich eines Artikels auf Spiegel Online vom 15.7.2012 während des Ratfizierungsprozesses auf die Einhaltung der Abkommensregeln. Recht hat sie. Wer aber manchen SPD-Politikern zuhört, wird feststellen,  dass denen Völkerrecht und auch das innerstaatliche Recht anderer Länder völlig egal sind. Mit einem breiten Grinsen quittieren sie den Vorhalt, dass man mit der Anstiftung zum Datendiebstahl in der Schweiz an einer Straftat nach Schweizer Recht teilnehme.Der Zweck heiligt die Mittel. Da muss man sich nicht wundern, dass auch das Grundgesetz niemanden mehr schert, wenn es um "große Dinge" geht, für die Bürger und das von ihnen gewählte Parlament zu blöd sind.

Mittwoch, 11. Juli 2012

Credit Suisse und kein Ende - Lebensversicherung auf den Bermudas

Heute morgen melden Presse und Radio, dass viele Kunden der Credit Suisse Besuch von Steuerfahndern bekommen haben. Grund sind von diesen abgeschlossene Lebensversicherungen mit der Credit Suisse Bermuda, die aber eben keine wirklichen Lebensversicherungen sein sollen. Es soll sich um ein Konstrukt zur Steuerhinterziehung handeln.

Betroffene sollten schnellstens einen Anwalt aufsuchen, um Schaden zu vermeiden oder zu begrenzen. In jedem Fall muss geprüft werden, ob die jeweilige Versicherung mit dem deutschen Steuerrecht in Einklang steht oder nicht. 

Donnerstag, 5. April 2012

Update Deutsch-Schweizerisches Steuerabkommen

Das Handelsblatt und auch der Spiegel melden, dass eine Einigung zwischen Deutschland und der Schweiz erzielt ist.

Die "Pauschalsteuern" sollen nun zwischen 21 und 41 Prozent liegen. Bislang waren 19 bis 34 Prozent vereinbart. Zusätzlich sind nun auch Erbschaften einbezogen. Deutsche Erben von Schwarzgeldkonten in der Schweiz sollen entweder pauschal einen 50-prozentigen Steuerabzug hinnehmen - oder aber ihre Erbschaft gegenüber dem deutschen Fiskus offenlegen.

Es bleibt abzuwarten, ob SPD und Grüne zustimmen. SPD-Chef Gabriel meint, das Abkommen müsse rückwirkend in Kraft  gesetzt werden, damit verhindert wird, dass "Steuerbetrüger" ihr Kapital noch vor der geplanten Besteuerung aus der Schweiz in eine andere Steueroase wegschafften. „Wenn die Schweiz nicht bereit ist, das zu unterbinden, sehe ich keine Chance, dass wir das unterschreiben“, sagte Gabriel nach einem Zitat im Handelsblatt wörtlich.

Mittwoch, 8. Februar 2012

Das Imperium schlägt wieder zu: BGH bekräftigt sein Verlangen nach höheren Strafen für Steuerhinterziehung

Mit seinem Urteil vom 7. Februar 2012 zu 1 StR 525/11 hat der BGH an die von ihm vorgegebene harte Linie bei der Strafzumessung in Steuerhinterziehungsfällen deutlich erinnert und dem LG Augsburg die Leviten gelesen. 

Nach der gesetzgeberischen Wertung zur Steuerhinterziehung im großen Ausmaß und den hieraus abgeleiteten Grundsätzen zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe komme eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe (also einer solchen von bis zu zwei Jahren) nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht. Ein Geständnis bei Vorliegen umfangreichen Belastungsmaterials soll dabei kein gewichtiger Milderungsgrund sein. Diese Botschaft muss man zur Kenntnis nehmen, sind doch bislang gerade Geständnisse der klassische Anwendungsfall des Minderungsgrunds. 

Wichtig ist auch, dass in dem entschiedenen Fall erst durch Addition zweier Steuerhinterziehungziehungen  ein Milllionenschaden vorlag. Jeder Fall für sich hätte unter einer Million Euro Schaden gelegen. So eindeutig war die Rechtssprechung zu dem Thema "Millionenschaden" nicht.

Sonntag, 22. Januar 2012

BFH: Keine Aussetzungszinsen für fehlerhaft ausgesetzte Beträge bei vollem Erfolg des Rechtsbehelfs

Bereits mit Urteil vom 31.8.2011 (X R 49/09) hat der BFH entschieden, dass für fehlerhaft bzw. irrtümlich zu hoch ausgesetzte Beträge Aussetzungszinsen gemäß § 237 AO nicht anfallen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache vollen Erfolg hat. Im entschiedenen Fall hattte das FA im Einspruchsverfahren gegen Feststellungsbescheide antragsgemäß die Aussetzung der Vollziehung bewilligt. Bei der Berechnung des Aussetzungsbetrages im Rahmen der Einkommensteuerbescheide setzte es indes irrtümlich einen zu hohen Betrag von der Vollziehung aus. Im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Feststellungsbescheide obsiegte der Steuerpflichtige in vollem Umfang. Trotz der zu hohen Aussetzung hatte er noch Nachzahlungen zu leisten. Der BFH widersprach der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach auf diese Nachzahlungen Zinsen zu entrichten sein sollen. Da das Rechtsbehelfsverfahren gegen die Grundlagenbescheide in vollem Umfang Erfolg gehabt habe, sei der Tatbestand des § 237 AO  nicht erfüllt. Zinsen seien nach dem Wortlaut der Vorschrift nur zu entrichten, soweit ein Einspruch keinen Erfolg gehabt habe. Diese Voraussetzung sei im zu entscheidenden Fall nicht gegeben.

Freitag, 13. Januar 2012

Verteidigung, wie sie nicht sein sollte

Manchmal weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll.

Im Rahmen der Hauptverhandlung in einem Steuerstrafverfahren wurde von einem Verteidiger eines Mitangeklagten ein Schriftsatz an alle Verfahrensbeteiligten, also auch an die Verteidiger aller Angeklagten, verteilt, in dem der Kollege sich bitter über seinen Mitverteidiger beklagte und diesem Untätigkeit vorwarf. Er selbst habe das Mandant nur als "low budget Mandat" angenommen und solle sich nur um das Strafmaß kümmmern. Er habe auch nur 3.500,00 € Honorar erhalten. Sollte sein Mitverteidiger weiter untätig bleiben, was die Verteidigung zur Sache anlange, müsse ein Pflichtverteidiger bestellt werden. Es folgte noch eine an den Mitverteidiger gerichtete Fristsetzung. Binnen der Frist (bis zum nächsten Hauptverhandlungstag) müsse der Kollege endlich seinen Aufgaben nachkommen.

Das Ganze wurde auch noch verlesen.

Das Mandatsgeheimnis gilt nach meiner Auffassung auch in der öffentlichen Hauptverhandlung. ::))

Donnerstag, 12. Januar 2012

FG Hamburg - Strafverteidgungskosten sind weder Werbungskosten noch außergewöhliche Belastungen

Mit Urteil vom 14.12.2011 zu 2 K 6/11 hat das Finanzgericht (FG) Hamburg die Berücksichtigung von Verteidigerhonoraren als Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen abgelehnt und damit Stimmen, die im Nachgang zur Entscheidung des BFH vom 12.5.2011 zu VI R 42/10 im Hinblick auf die Berücksichtigungsfähigkeit von Zivilprozesskosten aufgekommen sind, eine Absage erteilt. Allerdings hat das FG die Revision zugelassen.

Der Kläger hatte Vermögensstraftaten begangen und die dadurch erzielten Beträge in verschiedene seiner Unternehmen investiert. Das FG verneinte die Betriebsbezogenheit der Ausgaben, weil die Taten nicht in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen wurden. Auch verneinte es die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen, weil sie auf vorsätzlich begangenen Taten beruhten, so dass sie nur unmittelbare Konsequenz des vermeidbaren, sozial inadäquaten Verhaltens, welches zur Verurteilung geführt habe, seien. 

Mittwoch, 11. Januar 2012

In den Strafsachenstellen sitzen keine Unmenschen - jedenfalls nicht immer.-)

Mit vielen Kollegen bin ich mir darüber einig, dass man mit den Strafsachenstellen der Finanzverwaltung weitaus "günstiger" abschließen kann, als mit Staatsanwälten. Das ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die Sicht des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH), der ja nun seit einiger Zeit mit seiner Rechtsprechung dafür sorgen will, dass möglichst viele Fälle von Steuerhinterziehung der Staatsanwaltschaft vorgelegt werden, damit diese Möglichkeit hat, zu prüfen, ob und inwieweit sie das Verfahren an sich zieht.

Mit der zuständigen Staatsanwaltschaft hätte ich ein kürzlich abgeschlossenes Verfahren lange nicht so abschließen können, wie ich es mit der Strafsachenstelle abschließen konnte. Einkommensteuer in Höhe von 35.000,00 € war gezahlt, Umsatzsteuer in fast gleicher Höhe aber nicht. Trotzdem kam es zur Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage von nur 500,00 €, weil die Mandantin schon so ziemlich alles verloren hatte und in etwas hineingezogen worden war, was sie überhaupt nicht überblickt hatte. Auf die sonst unverzichtbare Nachzahlung der noch offenen Steuern als Voraussetzung für die Verfahrenseinstellung wurde obendrein verzichtet.

Wollen wir hoffen, dass die Finanzverwaltung ihr bei der Umsatzsteuer mit Ratenzahlung entgegen kommt, obwohl das nach Recht und Gesetz (fast) unmöglich ist.

Dienstag, 10. Januar 2012

Verfolgungsverjährung bei unterlassener Umsatzsteuerjahreserklärung

Der BGH ist immer für eine Überraschung gut!

Mit einer Entscheidung vom 31.5.11 zu 1 StR 189/11 hat er eine jahrzehntelange Rechtsprechung aufgegeben, wonach die Beendigung der Tat bei unterlassener Umsatzsteuerjahreserklärung am 31.5. des Folgejahres eintritt, wenn kein Berater vorhanden ist. Nun soll Tatbeendigung erst am 1.6. des Folgejahres eintreten und dann auch erst die Verfolgungsverjährungsfrist anlaufen. 

Ein Tag ist ein Tag auf den es ankommen kann. -)

Schätzungen im Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug

Die Überschrift mag dem Einen oder Anderen zu unscharf sein. Eine Straftat mit dem Namen "Sozialversicherungsbetrug" gibt es nämlich nicht. Es gibt den Tatbestand des Betruges und den des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt. Mit "Sozialversicherungsbetrug" spreche ich hiermit beides an.

Aktuell verteidige ich in einem Verfahren vor der 10. großen Strafkammer des Landgerichts Koblenz einen Angeklagten, dem Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug vorgeworfen wird. Die Beweise sind - um mit Derrick zu sprechen - erdrückend. Daher hat mein Mandant auf mein Anraten hin auch ein Geständnis abgelegt, was vor allen Dingen zur Folge hatte, dass er aus der U - Haft entlassen wurde.

Nun bedeutet Geständnis aber nicht, dass man nach dem "Alles oder Nichts - Prinzip" handelt. Deshalb hat der Mandant die ihm vorgeworfenen Taten nur dem Grunde nach gestanden, während ich als sein Verteidiger zur Höhe des Schadens Stellung genommen habe. U. a. wurde mit einem falschen Steuersatz gerechnet und auch Kirchensteuer angesetzt (im Rahmen der Berechnung von Sozialversicherungsbeiträgen), die aber bei den schwarz beschäftigten Arbeitnehmern gar nicht angefallen sein kann. Meine Ausführungen sind von der Staatsanwaltschaft nun akzeptiert worden, was zu einer Verminderung des der Strafzumessung zugrunde zu legenden Schadens geführt hat. Zugegeben, die Schadensreduzierung ist relativ gering. Aber jeder Euro zählt! Dabei muss man auch die Haftung für den Schaden im Auge behalten.

Fazit: Auch wenn Juristen nicht (nach-)rechnen können, müssen sie es trotzdem tun. Damit dienen sie ihrem Mandanten weitaus mehr, als mit großen Worten, die das Publikum begeistern, aber in der Sache nicht weiterhelfen.

2012 - Ein Ausblick

Auch 2012 wird es für Beschuldigte in einem Steuerstrafverfahren nicht besser. 

Die Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zeigen, dass Steuerhinterzieher härter angefasst werden. Darüber habe ich zwar schon berichtet, aber im Rahmen meiner Tätigkeit in den vergangenen Wochen immer wieder Urteile zur Kenntnis nehmen müssen, die deutlich zeigen, dass "der Gipfel" noch lange nicht erreicht ist. Als Beispiele will ich hier nur erwähnen, die Rechtssprechung des BGH zur Vorverlagerung der Vollendung einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen oder zu Erkundigungspflichten, die einen jeden Steuerpflichtigen treffen.