Sonntag, 22. Januar 2012

BFH: Keine Aussetzungszinsen für fehlerhaft ausgesetzte Beträge bei vollem Erfolg des Rechtsbehelfs

Bereits mit Urteil vom 31.8.2011 (X R 49/09) hat der BFH entschieden, dass für fehlerhaft bzw. irrtümlich zu hoch ausgesetzte Beträge Aussetzungszinsen gemäß § 237 AO nicht anfallen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache vollen Erfolg hat. Im entschiedenen Fall hattte das FA im Einspruchsverfahren gegen Feststellungsbescheide antragsgemäß die Aussetzung der Vollziehung bewilligt. Bei der Berechnung des Aussetzungsbetrages im Rahmen der Einkommensteuerbescheide setzte es indes irrtümlich einen zu hohen Betrag von der Vollziehung aus. Im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Feststellungsbescheide obsiegte der Steuerpflichtige in vollem Umfang. Trotz der zu hohen Aussetzung hatte er noch Nachzahlungen zu leisten. Der BFH widersprach der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach auf diese Nachzahlungen Zinsen zu entrichten sein sollen. Da das Rechtsbehelfsverfahren gegen die Grundlagenbescheide in vollem Umfang Erfolg gehabt habe, sei der Tatbestand des § 237 AO  nicht erfüllt. Zinsen seien nach dem Wortlaut der Vorschrift nur zu entrichten, soweit ein Einspruch keinen Erfolg gehabt habe. Diese Voraussetzung sei im zu entscheidenden Fall nicht gegeben.

Freitag, 13. Januar 2012

Verteidigung, wie sie nicht sein sollte

Manchmal weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll.

Im Rahmen der Hauptverhandlung in einem Steuerstrafverfahren wurde von einem Verteidiger eines Mitangeklagten ein Schriftsatz an alle Verfahrensbeteiligten, also auch an die Verteidiger aller Angeklagten, verteilt, in dem der Kollege sich bitter über seinen Mitverteidiger beklagte und diesem Untätigkeit vorwarf. Er selbst habe das Mandant nur als "low budget Mandat" angenommen und solle sich nur um das Strafmaß kümmmern. Er habe auch nur 3.500,00 € Honorar erhalten. Sollte sein Mitverteidiger weiter untätig bleiben, was die Verteidigung zur Sache anlange, müsse ein Pflichtverteidiger bestellt werden. Es folgte noch eine an den Mitverteidiger gerichtete Fristsetzung. Binnen der Frist (bis zum nächsten Hauptverhandlungstag) müsse der Kollege endlich seinen Aufgaben nachkommen.

Das Ganze wurde auch noch verlesen.

Das Mandatsgeheimnis gilt nach meiner Auffassung auch in der öffentlichen Hauptverhandlung. ::))

Donnerstag, 12. Januar 2012

FG Hamburg - Strafverteidgungskosten sind weder Werbungskosten noch außergewöhliche Belastungen

Mit Urteil vom 14.12.2011 zu 2 K 6/11 hat das Finanzgericht (FG) Hamburg die Berücksichtigung von Verteidigerhonoraren als Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen abgelehnt und damit Stimmen, die im Nachgang zur Entscheidung des BFH vom 12.5.2011 zu VI R 42/10 im Hinblick auf die Berücksichtigungsfähigkeit von Zivilprozesskosten aufgekommen sind, eine Absage erteilt. Allerdings hat das FG die Revision zugelassen.

Der Kläger hatte Vermögensstraftaten begangen und die dadurch erzielten Beträge in verschiedene seiner Unternehmen investiert. Das FG verneinte die Betriebsbezogenheit der Ausgaben, weil die Taten nicht in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen wurden. Auch verneinte es die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen, weil sie auf vorsätzlich begangenen Taten beruhten, so dass sie nur unmittelbare Konsequenz des vermeidbaren, sozial inadäquaten Verhaltens, welches zur Verurteilung geführt habe, seien. 

Mittwoch, 11. Januar 2012

In den Strafsachenstellen sitzen keine Unmenschen - jedenfalls nicht immer.-)

Mit vielen Kollegen bin ich mir darüber einig, dass man mit den Strafsachenstellen der Finanzverwaltung weitaus "günstiger" abschließen kann, als mit Staatsanwälten. Das ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die Sicht des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH), der ja nun seit einiger Zeit mit seiner Rechtsprechung dafür sorgen will, dass möglichst viele Fälle von Steuerhinterziehung der Staatsanwaltschaft vorgelegt werden, damit diese Möglichkeit hat, zu prüfen, ob und inwieweit sie das Verfahren an sich zieht.

Mit der zuständigen Staatsanwaltschaft hätte ich ein kürzlich abgeschlossenes Verfahren lange nicht so abschließen können, wie ich es mit der Strafsachenstelle abschließen konnte. Einkommensteuer in Höhe von 35.000,00 € war gezahlt, Umsatzsteuer in fast gleicher Höhe aber nicht. Trotzdem kam es zur Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage von nur 500,00 €, weil die Mandantin schon so ziemlich alles verloren hatte und in etwas hineingezogen worden war, was sie überhaupt nicht überblickt hatte. Auf die sonst unverzichtbare Nachzahlung der noch offenen Steuern als Voraussetzung für die Verfahrenseinstellung wurde obendrein verzichtet.

Wollen wir hoffen, dass die Finanzverwaltung ihr bei der Umsatzsteuer mit Ratenzahlung entgegen kommt, obwohl das nach Recht und Gesetz (fast) unmöglich ist.

Dienstag, 10. Januar 2012

Verfolgungsverjährung bei unterlassener Umsatzsteuerjahreserklärung

Der BGH ist immer für eine Überraschung gut!

Mit einer Entscheidung vom 31.5.11 zu 1 StR 189/11 hat er eine jahrzehntelange Rechtsprechung aufgegeben, wonach die Beendigung der Tat bei unterlassener Umsatzsteuerjahreserklärung am 31.5. des Folgejahres eintritt, wenn kein Berater vorhanden ist. Nun soll Tatbeendigung erst am 1.6. des Folgejahres eintreten und dann auch erst die Verfolgungsverjährungsfrist anlaufen. 

Ein Tag ist ein Tag auf den es ankommen kann. -)

Schätzungen im Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug

Die Überschrift mag dem Einen oder Anderen zu unscharf sein. Eine Straftat mit dem Namen "Sozialversicherungsbetrug" gibt es nämlich nicht. Es gibt den Tatbestand des Betruges und den des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt. Mit "Sozialversicherungsbetrug" spreche ich hiermit beides an.

Aktuell verteidige ich in einem Verfahren vor der 10. großen Strafkammer des Landgerichts Koblenz einen Angeklagten, dem Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug vorgeworfen wird. Die Beweise sind - um mit Derrick zu sprechen - erdrückend. Daher hat mein Mandant auf mein Anraten hin auch ein Geständnis abgelegt, was vor allen Dingen zur Folge hatte, dass er aus der U - Haft entlassen wurde.

Nun bedeutet Geständnis aber nicht, dass man nach dem "Alles oder Nichts - Prinzip" handelt. Deshalb hat der Mandant die ihm vorgeworfenen Taten nur dem Grunde nach gestanden, während ich als sein Verteidiger zur Höhe des Schadens Stellung genommen habe. U. a. wurde mit einem falschen Steuersatz gerechnet und auch Kirchensteuer angesetzt (im Rahmen der Berechnung von Sozialversicherungsbeiträgen), die aber bei den schwarz beschäftigten Arbeitnehmern gar nicht angefallen sein kann. Meine Ausführungen sind von der Staatsanwaltschaft nun akzeptiert worden, was zu einer Verminderung des der Strafzumessung zugrunde zu legenden Schadens geführt hat. Zugegeben, die Schadensreduzierung ist relativ gering. Aber jeder Euro zählt! Dabei muss man auch die Haftung für den Schaden im Auge behalten.

Fazit: Auch wenn Juristen nicht (nach-)rechnen können, müssen sie es trotzdem tun. Damit dienen sie ihrem Mandanten weitaus mehr, als mit großen Worten, die das Publikum begeistern, aber in der Sache nicht weiterhelfen.

2012 - Ein Ausblick

Auch 2012 wird es für Beschuldigte in einem Steuerstrafverfahren nicht besser. 

Die Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zeigen, dass Steuerhinterzieher härter angefasst werden. Darüber habe ich zwar schon berichtet, aber im Rahmen meiner Tätigkeit in den vergangenen Wochen immer wieder Urteile zur Kenntnis nehmen müssen, die deutlich zeigen, dass "der Gipfel" noch lange nicht erreicht ist. Als Beispiele will ich hier nur erwähnen, die Rechtssprechung des BGH zur Vorverlagerung der Vollendung einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen oder zu Erkundigungspflichten, die einen jeden Steuerpflichtigen treffen.